In Schottland wieder mal gelernt, wie schnell fünf, sechs, sieben Stunden vergehen können, wenn man sich nur mal ein bisschen in die Natur setzt - und zum Beispiel ein paar Puffins bei der Verrichtung ihres Alltags beobachtet.

Puffins sind kleine Seevögel, die eigentlich Papageientaucher heißen, oft aber nur »Clowns der Meere« genannt werden, weil sie eben ein bisschen auffällig gefärbt sind und die Menschen mit ihrer Unbeholfenheit zum Lachen bringen. Dabei können sie gar nichts dafür.

Puffins sind wie gemacht für die rauen Bedingungen des Ozeans, sie trotzen den heftigsten Stürmen und dem höchsten Seegang, können bis zu siebzig Meter (!) tief und knapp zwei Minuten (!) lang tauchen. Es sind zähe und unverwüstliche kleine Kerle – und unter Wasser bewegen sie sich fast so elegant wie Pinguine.

Den größten Teil des Jahres bleiben Puffins einfach dort, wo sie hingehören: zuhause auf hoher See. Jedes Jahr zwischen April und Juli müssen sie allerdings an Land, um kleine Erdhöhlen in die schönsten Steilküsten des Nordatlantiks zu graben, in denen sie anschließend ihre Jungen zur Welt bringen.

Und für das Land sind Puffins einfach nicht gemacht. Wacklig und unbeholfen watscheln, hopsen und flattern sie dort herum, offensichtlich komplett aus der Übung. Unaufhörlich schleppen sie trotzdem höchst motiviert kleine Fischchen für den Nachwuchs heran, stets sauber aufgereiht in ihren riesigen bunten Schnäbeln.

Um als Vogel überhaupt in der Tiefe nach Fischen tauchen zu können, braucht es sehr schwere Knochen – die leider das Fliegen etwas kompliziert machen. Besonders den Start und ganz besonders den Start vom Wasser aus. Um ihre kleinen Körper in die Luft zu bekommen, müssen sich Puffins also extrem anstrengen:

Bis zu 400 (!) Flügelschläge pro Minute sind nötig, um einen handelsüblichen Puffin in die Luft zu bekommen. Sobald sie nur ein klein wenig abgehoben sind, nehmen sie auch schon die Füße hinzu und fangen energisch an zu rennen. So arbeiten sie sich durchs Wasser, wild strampelnd und flatternd – bis es irgendwann endlich vollbracht ist.

Der Start von Land aus ist zwar einfacher, erfordert allerdings Mut: Ohne jede Vorwarnung lassen sich tapfere Puffins einfach von der Steilküste in die Tiefe fallen. Mit viel Vertrauen in die Physik.

Im Flug erreichen Puffins Geschwindigkeiten von bis zu 90 km/h, sie schwirren kreuz und quer und wild durch die Luft, ein Fluglotse hätte gut zu tun. Kurz vor der Landung bremsen sie dann unvermittelt ab und schweben ruhig und elegant wie ein Helikopter ein. Bei Sturm sehen Puffins allerdings manchmal aus wie eine Hummel, die im Wind ein bisschen die Kontrolle verloren hat.

In all ihrem Tun sind Puffins stets bemüht, möglichst souverän zu wirken und sich nichts anmerken zu lassen. Als wäre alles komplett in Ordnung und genau so, wie es sein soll. Und ich glaube, es ist diese wunderbare Mischung aus eifriger Geschäftigkeit, unbeholfenem Bemühen und vorgetäuschter Souveränität, die es so unterhaltsam macht, Puffins stunden- und tagelang zu beobachten. Es wird einfach nie langweilig.

Das gilt womöglich sogar für die Puffins selbst: Nicht alle von ihnen kommen nämlich in die Kolonie, um ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen. Viele kommen tatsächlich vor allem deshalb, um sich anzuschauen, wie es so läuft in einer Puffin-Kolonie. Sie wollen lernen. Höchst interessiert stehen sie dann in der Gegend herum und schauen seelenruhig zu, wie sich die anderen Puffins abrackern. Phantastische Vögel!

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