Es hat ein bisschen gedauert, diese Geschichte aufzuschreiben. Ich musste erst das Blog umbauen, denn diese Geschichte muss opulent erzählt werden, zu groß, zu wichtig, zu bedeutend, da reichen Worte nicht. Ich habe also in den letzten zwei Wochen das Blog umgebaut, habe neue Templates mit Parallax installiert und bin dabei auch gleich von Wordpress zu Squarespace umgezogen, damit das hier künftig optisch und erzähltechnisch alles noch mehr knallt. Also los.
Im Frühjahr war ich ein paar Wochen in British Columbia, Kanada. Die meiste Zeit zwar auf Vancouver Island und an der Sunshine Coast, am Anfang aber auch ein paar Tage im Hinterland östlich von Vancouver. Wir sind da ziellos herumgefahren, und irgendwann sah ich auf der Karte einen Ort namens »Hope«, und ich fand sofort, da muss man mal hin und einchecken und ein paar Bilder mit dem Ortstag »Hope« machen. Sind wir da also hin.
Man fährt dann da so in den Ort rein und fühlt sich sofort wohl. Ein typischer kleiner nordamerikanischer Ort, Tankstelle, Liquor Store, Diner, Motel, alles flach und breit und ein bisschen marode und überall natürlich Pickups und wahnsinnig viel Platz zum Parken. Wir sind dann ein bisschen durch den Ort gelaufen, und ich fand alles, alles großartig. Und irgendwie auch bekannt und vertraut, ich habe mir da aber noch nichts bei gedacht. An der Ecke Fraser Ave / Wallace St habe ich im Vorbeigehen dann ein Foto von einem alten, ranzigen Hotel gemacht, das ich später in Deutschland so sehr mochte, dass es jetzt in 50x50 gerahmt im Esszimmer hängt.
So weit die Einleitung. Anschnallen jetzt!
Vor zwei Wochen lag ich abends im Bett und habe mit dem Handy auf Pinterest herumgesurft. Und irgendwie bin ich schon nach wenigen Klicks auf ein paar Boards mit superstarken Fotos der Actionstars der Achtziger gelandet: Bruce Willis mit Haaren, Arnold Schwarzenegger im Gym, Sylvester Stallone im weißen Anzug. Diese Dinge. Dabei ist mir wieder mal aufgefallen, dass Stallone in den Achtzigern styletechnisch schon wirklich sehr weit vorn war:
Und dann also dieses Bild mit Stallone bei den Dreharbeiten zu Rambo, First Blood. Der Film kam 1982 raus und zeigt Stallone als heimkehrenden Vietnam-Veteranen, der in einer amerikanischen Kleinstadt auf den eher schwierigen Sheriff Teasle trifft, und insgesamt gerät die ganze Sache dann recht schnell komplett außer Kontrolle. Schauen wir noch mal kurz rein:
Auf diesem Pinterest-Foto also Stallone bei den Dreharbeiten, mit Motorrad, sie drehen da gerade die Szene, in der Rambo aus dem Sheriffs Office ausbricht, auf der Straße ein vorbeifahrendes Motorrad stoppt und damit erst durch den Ort brettert und dann in die Berge flüchtet, in denen er es allein mit der halben Nationalgarde aufnimmt, bevor er schließlich zurück in den Ort kommt und dort alles kurz und klein schießt. Und unter diesem Pinterest-Bild jetzt also die Bildunterschrift: »Sylvester Stallone and Ted Kotcheff on First Blood Set in Hope, British Columbia.«
Ich glaube, es ist jetzt der richtige Moment, mal ein bisschen Musik anzumachen. Jerry Goldsmith! Gänsehaut, natürlich, gleich beim ersten Song.
Ich habe dann bis zwei Uhr nachts mit dem Handy im Bett recherchiert, man soll ja nicht immer gleich alles glauben, was irgendwo im Internet steht. Um das hier abzukürzen - meine ausführliche Recherche ergab: Die haben den Film tatsächlich in Hope, British Columbia, gedreht und den Ort im Film dann einfach in die USA verlegt. »Hope« heißt tatsächlich auch im Film »Hope«, man kann das ganz am Anfang sehen, Rambo am Ortseingang, da steht tatsächlich »Welcome to Hope«, und es ist mir wirklich ein Rätsel, warum mir das nie, nie, nie aufgefallen ist, nicht mal unterbewusst, ich habe den Film ja sicher schon dreißig Mal gesehen. Und auch das alte, ranzige Hotel, das jetzt in 50x50 gerahmt im Esszimmer hängt, kommt im Film zig Mal vor und ist ungefähr in jeder dritten Hope-Szene zumindest im Hintergrund zu sehen. Zum Beispiel auch im Pinterest-Bild oben von den Dreharbeiten.
Es ist Wahnsinn, es ist sensationell, es ist unglaublich, ich weiß.
Ich bin dann circa eine Stunde lang mit dem Handy und Google Streetview in Hope herumgefahren, nachts um zwei im Bett, aufgewühlt und mit Herzrasen, und habe anschließend die phantastische Webseite rambotown.net gefunden und dort gelernt, dass es vor zwei Jahren eine große Rambo-Feier in Hope gab, weil dort seinerzeit die schöne alte Brücke, an der die Situation zwischen Rambo und Teasle dann wirklich unwiderruflich eskaliert ist, abgerissen und durch eine neue hässliche ersetzt wurde. Sie haben dort an diesem Tag sogar die Verhaftungsszene noch mal mit ein paar Laien-Schauspielern nachgespielt und hinterher im Open-Air-Kino mitten in der Stadt alle zusammen den Film geschaut.
Die schöne alte Brücke gab es also schon nicht mehr, als ich in Hope war. Glück gehabt, das hätte ich mir wahrscheinlich nie verziehen: Ein paar hundert Meter neben der original Rambo-Brücke herumgelaufen zu sein, ohne es zu wissen und ohne wenigstens einmal drüberzugehen. Das wäre durch nichts zu entschuldigen gewesen. Aber: Sie war ja schon weg.
Auch das Sheriffs Office gibt es in Hope nicht mehr, das wurde seinerzeit für den Film dort hin- und hinterher wieder abgebaut. Stattdessen ist da jetzt ein kleiner Platz, der Ortskern (das Gebäude an sich, das ergaben meine weiteren Recherchen, wurde an anderer Stelle in Hope wieder aufgebaut, da ist jetzt ein Seniorenheim drin). Dafür seit den Achtzigern immer noch da und immer noch am gleichen Ort: das alte, ranzige Hotel, das jetzt in 50x50 gerahmt im Esszimmer hängt.
Gegen drei Uhr nachts habe ich dann noch diesen französischen YouTuber gefunden, der schon lange vor mir wusste, dass Rambo, First Blood, in Hope, British Columbia, gedreht wurde, und der genau deshalb dort hingefahren ist, um vollkommen absichtlich überall dort herumzulaufen, wo der Film gedreht wurde, und daraus dann ein überragendes Video zu machen.
Ich habe mich dann um kurz nach drei nach längerem Überlegen dagegen entschieden, meine Freundin zu wecken, um ihr diesen ganzen Wahnsinn jetzt sofort in vollem Umfang zu erzählen. Sie war einerseits zwar auch dabei in Hope, British Columbia, hätte also ein Recht darauf, diese Sensation jetzt sofort zu erfahren, andererseits ist sie beim Film aber auch recht schnell eingeschlafen, das hat sie offenbar alles nicht so sehr begeistert, vielleicht war sie aber auch nur müde.
Ich habe die Geschichte daher am nächsten Morgen lieber den Kollegen in der Redaktion erzählt. Dass ich extrem aufgewühlt war, kam dabei insgesamt schon rüber, den Kern der Geschichte konnte ich allerdings trotzdem noch nicht so ganz auf den Punkt bringen.
Ich habe daher in den folgenden Tagen keine Mühen gescheut, um diese Sensations-Geschichte noch mal internet- und blog-gerecht in nur einem einzigen gif zusammenzufassen. Das gif trägt den Titel »Ich war in Hope, British Columbia, der Stadt, in der Rambo, First Blood, gedreht wurde, und habe es erst ein halbes Jahr später herausgefunden, bin davon aber immer noch unglaublich begeistert«:
Ich hoffe, dass dieses Bild und insgesamt auch dieses Blogposting diese Geschichte jetzt angemessen auf den Punkt bringen. Wenn künftig noch mal einer meiner Freunde kommt und damit angibt, er wäre in Philadelphia gewesen und sei dort die Rocky-Treppe hochgerannt, werde ich das jedenfalls ganz locker mit meinem Besuch in Rambotown kontern.